Nach vielen Jahren habe ich die Kampagne eines meiner prägendsten Kindheitsspiele mal wieder durchgespielt. Schon im letzten Jahr hatte ich ein wenig in den Multiplayer geschnuppert und mich davon überzeugt, dass die Jedi Duelle in diesem Spiel immer noch so gut sind, wie ich sie in Erinnerung hatte. Ehrlich gesagt sogar besser.

Über die Kampagne kann ich das gleiche leider nicht sagen. Schon als Kind hatte ich gehört, dass jene in Jedi Outcast deutlich überlegen sei. Eine lose, schwache Geschichte, mageres Level-Design, schwache Charaktere: Das sind die Vorwürfe und sie alle treffen auf Jedi Academy zu. Wieviel besser Jedi Outcast ist, kann ich jedoch nicht sagen, ich habe es bis heute nicht gespielt.
Damals aber haben mich die genannten Schwächen wenig gekümmert, denn das Gerüst dieses Spiels ist einfach unfassbar gut. Die Freiheit im Kampf, ob mit dem Schwert oder in der Bewegung, ist genial, das ganze Spiel lädt zum experimentieren mit seinen Möglichkeiten ein und diese sind wirklich vielfältig, so dass der Spieler keine Probleme haben sollte, einen eigenen Kampfstil zu entwickeln und im Laufe des Spiels zu verfeinern. Wallruns, Sprung-Attacken, Rollen, Machtblitze usw. - Wer diese Elemente meistert kann sich filmreif durch die Kämpfe schnetzeln. Und das macht nicht nur unheimlich viel Spaß, sondern offenbart auch eine spielmechanische Komplexität. Rumfuchteln kann jeder, aber wer sich die Mühe macht, kann noch so viel mehr, was auf den höheren Schwierigkeitsgraden auch einen wichtigen Unterschied macht. Darum haben mich damals auch die lahme Geschichte und die kurzen Levels nicht gestört. Und auch heute muss ich sagen, dass die Mängel gar nicht so schwer wiegen. Man tourt durch eine Vielzahl von visuell sehr unterschiedlich und ansprechend gestalteten Levels. Diese sind in ihrer spielerischen Gestaltung bieder, bieten nur wenig Tiefe und reale Abwechslung, überzeugen aber mit dem Charme des Settings und manchmal doch mit ansprechenden Ideen. Diese Ideen sind aber oft nicht perfekt umgesetzt. Der Kampf gegen Boba Fett ist eine nette Sache, aber die finale Phase ist eine Wiederholung der vorherigen und darum viel zu leicht gewonnen. Solche Momente in denen der letzte kreative Funke fehlt um wirklich prägnante Momente, abseits der grundsätzlich genialen Spielmechanik, zu schaffen, ziehen sich durch das ganze Spiel. Konstant denke ich mir: Das hätte man so leicht so viel besser machen können.
Die mangelnden Höhepunkte sind das eine, und wie gesagt, die Spielmechanik ist der Trumpf, aber dennoch, den dieser Gedanke hat mich die ganze Zeit begleitet: Man stelle sich vor, wie viel mehr aus diesem Spiel herausgeholt hätte werden können, wenn die "Nebenmissionen" (die den Großteil des Spiels ausmachen) sinnvoll verknüpft und mit mehr Aufwand in die Haupthandlung eingebunden wären. Das ist nämlich so gut wie gar nicht der Fall. Teilweise enthalten manche Level kein bisschen Handlung außer den Text-Briefings vor und nach den Missionen. Wirkliche Anreize zur Erkundung bieten die Levels auch nicht. So stellt sich schnell eine Routine ein, die dazu verleitet ohne Rücksicht durch die oftmals sehr schönen levels zu preschen.
Die inflationären Jedi-Kämpfe gegen Ende des Spiel helfen auch nicht dabei der Ermüdung entgegenzuwirken. Es fehlt schlichtweg an einer spannenden, packenden Handlung, ein komplexeres Leveldesign und ein wenig mehr Weitläufigkeit sowie Erkundungsreize um dem Verflachen des Spielerlebnis entgegenzuwirken. Und als Laie scheint mir: Das wäre drin gewesen. Ein möglicher Grund dafür ist leicht gefunden: Jedi Academy kam gerade ein mal en Jahr nach dem Vorgänger raus. Es hat wohl sicherlich mindestens an der Zeit gefehlt um die Kampagne dieses Spiels auf ein anderes Niveau zu heben. Irgendwann muss ich mir dann doch nochmal Jedi Outcast anschauen, denn vielleicht ist das ja das Jedi Academy von dem ich träume.

Zurück zum Spiel und damit zur außergewöhnlich dämmlichen Handlung von Jedi Academy:
Spoiler: Am Anfang des Spiels überfallen die Jünger von Ragnos, Yavin 4, durchsuchen Luke's Archiv um Orte der Macht zu entdecken und machen sich dann auf die Suche nach ihnen. Die Jedi, angeführt von Luke Skywalker, folgen ihnen und versuchen dies zu vereiteln. Dann haben die Jünger genug gesammelt und versuchen Ragnos wiederzubeleben. Wir besiegen die Jünger entweder als Jedi oder als Sith. Ende.
Und damit habe ich nicht grob die Handlung zusammengefasst sondern den tatsächlichen Verlauf fast komplett beschrieben. Der einzige Handlungsstrang der sich in diesem Spiel entwickelt, befasst sich mit dem Mitschüler und "Freund" Rosh, ein Charakter der dermaßen schlecht geschrieben und nervig ist, dass er schon wieder sympathisch wird. Denke ich an Jedi Academy, muss ich unweigerlich an Rosh denken. Rosh ist ab dem ersten Moment, in dem er bemerkt, dass der Spieler (Jadon) ein Laserschwert besitzt und er selber nicht, eifersüchtig. Diese ausgeprägten, sich ab der allerersten Sekunde offenbarenden Minderwertigkeitskomplexe, sorgen dafür, dass er sich ständig darüber beschwert von Kyle Katarn, seinem Lehrmeister, ausgebremst zu werden , darum schließt er sich nach wenigen Missionen den Sith an. Wir besiegen ihn, er entkommt, dann, gegen Ende des Spiels, sollen wir ihn retten, aber es ist eine Falle. Als wir ihn aufgespürt haben, erkennt er seine Schuld an, zeigt Reue und bittet Jadon ihn zu retten, aber Jadon, also der Spieler, ist dermaßen wütend auf seinen "Freund", mit dem er, zumindest in den gezeigten Szenen, ca. 3 Sätze ausgetauscht hat, dass er nun zur dunklen Seite wechseln kann, so es der Spieler will. Tut man das, wird man auf Knopfdruck zu einem megalomanischen, machtgierigen Mörder, tötet Rosh und stellt sich sowohl gegen Sith als auch Jedi um die absolute Macht des Szepters von Ragnos zu gewinnen. Schlechter kann man den Konflikt von Licht und Dunkelheit der Macht im Star Wars Universum kaum umsetzen.
Im Bezug auf die Haupthandlung ist der Handlungsstrang um Rosh aber nichts als eine Kleinigkeit.. Rosh war nicht nur mir vollkommen egal, sondern ist auch für die Ziele der Jünger vollkommen irrelevant. Er ist unsympathisch und für die Sith vollkommen nutzlos. Entscheidet sich der Spieler aus Hass gegen Rosh zur dunklen Seite der Macht zu wechseln, wirkt das eher lustig denn packend. Und Tavion, die wahre Feindin, sehen wir bis zum letzten Kampf, weniger als 30 Sekunden. Das ganze ist einfach schlecht erzählt, flach und anspruchslos. Sehr schade.

Ich fasse kurz zusammen: Man hat ein grandioses Fundament, der Rest ist eher nicht so gut bis schlecht. Aber nicht zu vergessen: Die Vielfalt und das ästhetische Design der Levels wird dem Setting absolut gerecht und gemeinsam sorgen sie, mit der klassischen Star Wars Musik, für eine passende Atmosphäre die zu gewissen Teilen über die schlechte Handlung hinwegtäuschen kann und dafür sorgt, dass dieses Spiel trotz allem Star Wars zum Leben erweckt. Abseits von Rosh erinnere ich mich in dieser Kampagne nämlich nicht an Tavion oder Ragnos oder Alora, sondern an das Level mit dem Zug und dem Gewitter, dem schönen Wasserfall-Level mit den Türmen, die Waffenfabrik im idylischen Grasland.

Das alles ist aber im Grunde nur die erste Hälfte des Spiels. Der Multiplayer ist, aufgrund der Schwächen im Einzelspielermodus, der wahre Kern. Alle Stärken werden hier nochmals stärker und das tolle: Der Multiplayer lebt! (Stand 2024)
Zwar gibt es keine Massen an Spielern mehr, aber sowohl für Vanilla als auch für die beliebtesten und tollen Mods, gibt es Anfängerfreundliche Communitys, die dieses spielmechanische Juwel am Leben halten. Und selbst wenn einst der letzte Server verschwunden ist, lohnt sich dieses Spiel mindestens für gemeinsame Runden mit Freunden.

Zusammenfassend ist dieses Spiel meinen Erinnerungen nicht gerecht geworden, entpuppt sich aber trotz allem immer noch als ein wahrer Klassiker, der vor allem für MP-Enthusiasten einen Blick wert ist. Im Singleplayer können die schöne, stimmige und vielfältige Gestaltung der Levels, so wie die geniale Spielmechanik über sprödes (spielerisches) Leveldesign sowie die unheimlich schlechte, zumeist abwesende Handlung hinwegtäuschen. Es hat sich bis heute nie besser angefühlt ein Laserschwert zu schwingen, also sollte alleine das ein Grund für interessierte sein, in dieses Spiel reinzuschauen.
Den Vergleich mit Jedi Outcast, kann ich bis jetzt noch nicht liefern, werde ich aber einstweilen sicher nachreichen.

81/100

Reviewed on Jan 03, 2024


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