Es ist mal wieder so weit. Fünf Jahre nach Sonic Forces bringen SEGA und Sonic Team ihr neustes 3D Sonic Spiel auf den Markt. Auch, weil Sonic Forces mal wieder einer der schlechten Teile der Reihe war, leckten sich im Vorfeld schon viele "Rage Review Youtuber" die Finger. Schließlich sind Sonic Spiele die erste Anlaufstelle, wenn man mal wieder ein Spiel in einem Videoessay mit vielen schnellen Gameplayzusammenschnitten und noch mehr Schimpfworten zerreißen möchte, um so richtig viele Views auf Youtube zu farmen.
Diese Youtuber werden beim Spielen von Sonic Frontiers nur leider enttäuscht aus der Wäsche geguckt haben. Denn zum ersten Mal seit Jahrzehnten ist das neuste Sonic Spiel mal wieder ein ganz ordentliches Videospiel.

Sonic Forces ist entgegen erstem Eindruck kein Open World Spiel, sondern ein Open Zone Spiel. Das heißt anstelle einer offenen Welt, gibt es fünf offene Karten auf denen Sonic mehr oder weniger frei herumlaufen kann. Mehr oder weniger, weil Sonic Team in diese eigentlich offenen Zonen überall Abschnitte der seit Unleashed bekannten, linearen "Schienenstruktur" eingebaut hat. Sobald man also auf ein Beschleunigungsfeld tritt, wird man in der Regel auf eine kurze Reise über einen linearen Streckenabschnitt geschickt, an dessen Ende sich eine kleine Belohnung versteckt hält. Dies führt leider dazu, dass man oft aus dem eigentlich sehr schön freiem "DurchdieWeltlaufen" herausgerissen wird und plötzlich eine zufälle "Schiene" in eine Richtung verfolgen muss, in die man eigentlich gar nicht wollte. Insbesondere schaltet die Levelansicht dabei ab und zu in die 2D Perspektive, sodass man auch nicht seitlich von der Schiene runterspringen kann.

Sega setzt bei diesem Neuversuch aber nicht alles auf eine Karte und baut auf jeder Map mehrere Portale ein, die den Spieler in separate kleine Level führen, die sich wieder wie in Unleashed, Colors oder Generations spielen. Sonic rennt vorwärts und der Spieler muss auf verschiedenste Levelelemente achten, die Sonic über Abkürzungen schneller ans Ziel bringen, sollte er Spieler sie rechtzeitig sehen. Klassische Jump'n'Run Action gibt es hier nur sehr selten.
Während diese Level durchaus Spaß machen, bleibt das Leveldesign jedoch hinter den Erwartungen zurück. Es bleibt bei optischen Varianten der Green Hill , Chemical Plant, Sky Sanctuary und Speed Highway Zone, die eigentlich nur aus bereits vorhandenen Assets aus dem 2011 erschienenen Sonic Generations bestehen. Anfangs hat man als Fan noch die Hoffnung, dass sich weitere Homages an alte Sonic Spiele dazu gesellen. Als einziger neuer Level kommt jedoch nur Radical Highway aus Sonic Adventure 2 dazu. Hier hätte ich mir 2-3 mehr Leveldesigns gewünscht, um dem Auge ein bisschen Abwechslung zu geben. Zumal man hier, wenn man schon die Level aus Sonic Generations recycled, auch gleich alle verwenden hätte können.

Die Story ist durchaus ambitionierter als das in den letzten Spielen der Fall war. Nachdem ab Sonic Colours so getan wurde, als hätte es die Handlungen der Vorgänger Spiele nie gegeben, erkennt Sonic Frontiers immerhin die Existenz der Lore an und macht hier und da Anspielungen auf alte Sonic Spiele. So ist von den Babylon Rogues aus Sonic Riders, der Black Army aus Shadow the Hedgehog, den Geschehnissen auf der Ark in Sonic Adventure 2 und vielen weiteren Hintergrundgeschichten die Rede. Leider bleibt es bei kurzen Erwähnungen in Nebensätzen. Mir ist bewusst, dass sich Sonic als Marke weiterentwickelt hat und die teilweise sehr edgy und düsteren Abschnitte in der Sonic Lore nicht mehr zu dem heutigen Konzept als Kinderserie passen. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass Sega mit dieser doch sehr reichhaltigen Lore mal wieder etwas anstellt, anstelle Sie einfach in Vergessenheit geraten zu lassen.
Immerhin: Sonic Frontiers erzählt mit der Herkunft der Chaos Emeralds von einer Thematik die endlich mal wieder das Fundament von Sonics Welt betreffen.

Leider ist die Handlung davon abgesehen sehr dünn. Sonics Freunde dürfen praktisch keine Rolle spielen, wirklich interessante neue Charaktere tauchen nicht auf und obwohl das Ende auf seine eigene Weise ein klein wenig rührend ist, ist es ansonsten ziemlich austauschbar und unspektakulär. Dieses Gefühl wird dadurch verstärkt, dass die Cutscenes teilweise sehr schlecht aussehen. Die Animationen in den nicht vorgerenderten Zwischensequenzen sind sehr grob und wirken ungelenk. Das Voice Acting ist dazu deutlich schlechter als in vorherigen Sonic Spielen, wenn man mal von Mike Pollock absieht, der seine Rolle wie immer perfekt macht. All das verwundert angesichts Serien wie Sonic Boom oder Sonic Prime, in denen sowohl Voice Acting als auch Animationen deutlich besser sind. Sollten Zuschauer dieser Serien Lust auf Sonic als Videospiel bekommen und zum aktuellen Sonic Main Game greifen, werden sie von den Cutscenes wohl eher enttäuscht sein.

Ungelenk wirken auch andere Aspekte der Spiels, wie die Grafik die scheinbar absichtlich etwas runterskaliert wurde, um das Spiel einfacher auf die Switch zu porten (habe die PC Version gespielt), das Kampfsystem welches Spaß macht, aber oft wie in einem 3D Sonic Fangame wirkt oder das Fishing Minispiel, dessen Existenz mich zwar gefreut hat, welches aber aufgrund seiner Einfachheit oder Losgelöstheit von der restlichen Welt irgendwie Fehl am Platz wirkt.

Der Soundtrack ist zuletzt grundsätzlich gelungen und präsentiert eine sehr abwechslungsreiche Song Riege. Leider ist mir kein Song wirklich im Ohr geblieben ist. Gerade weil selbst die schlechtesten Sonic Spiele immer zwei, drei richtig gute Songs im Gepäck hatten, bleibt Sonic Frontiers hier ein wenig hinter den Vorgängern zurück.

Trotzdem ist Sonic Frontiers insgesamt mal wieder ein Schritt in die richtige Richtung und potentiell ein Rohdiamant der mit ein paar Schliffen zu einem wirklich richtig guten Spiel werden können. Die richtigen Ansätze sind zumindest da: Eine offene Welt in der frei herumlaufen und Dinge entdecken kann, eine Handlung die zumindest mal wieder auf die reichhaltige Lore anspielt und ein allgemein sehr spaßiges Leveldesign. Wenn alle diese Punkte weiter verbessert werden und wir im nächsten Spiel vielleicht eine richtige Open World mit einer epischeren Story bekommen, könnte vielleicht mal wieder ein richtig gutes Spiel rauskommen. So eins wie damals.

Reviewed on Mar 08, 2023


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