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Der nicht ganz so kalte Krieg

StarLancer sollte ursprünglich der Auftakt einer Trilogie bilden, dessen letzter Teil dann in die Vorgeschichte zu FreeLancer übergegangen wäre. Auch aufgrund der ganzen Verzögerungen und daraus folgende Entlassungen bei der Entwicklung zu FreeLancer blieb es allerdings dann doch nur beim Auftakt, der sich mit den ersten beiden Kriegsjahren zwischen der Allianz und der Koalition beschäftigt.
Dabei darf man sich aus heutiger Sicht natürlich schon die berechtigte Frage stellen, ob der in StarLancer dargestellte Konflikt überhaupt genug Stoff für drei Spiele geboten hätte?
Von den Entwicklern, die sich bis einschließlich Wing Commander IV: The Price of Freedom für die Wing Commander-Reihe und dessen Auskopplungen verantwortlich zeichnen ist StarLancer nämlich erstaunlich rudimentär.
Gab man den Kriegsparteien in späteren "Wing Commander"-Titeln durchaus Nuancen, was entsprechend im Nachhinein niemanden so wirklich total Gut und Böse machte kommt StarLancer dagegen ein bisschen wie das erste Wing Commander von 1990 daher. Die Allianz sind die Guten, die Koalition sind die Bösen. Ohne Ausnahme.
Dazu sind die Parteien auch eigentlich kurzerhand die Gruppierungen aus dem Kalten Krieg. Während die Allianz aus Ländern wie Deutschland, USA und Japan besteht, bekommt man es mit der Koalition aus einem Zusammenschluss aus Russen, Chinesen und Koreanern zu tun.
Wie schon erwähnt, die Seiten sind auch deutlich abgesteckt, weil auch während der 24 Missionen langen Kampagne keine Unternehmungen gemacht werden, die Grenzen überhaupt verschwimmen zu lassen.

Die 24 Missionen sind allerdings natürlich die Hauptattraktion dieses Spiels, wo es dann doch ziemlich viel richtig macht. Dabei sollte erwähnt werden, dass StarLancer eine Kooperationsarbeit von Digital Anvil, von ehemaligen Wing Commander-Entwicklern gegründet, und den Warthog Games ist, welches hingegen überwiegend von den Leuten gegründet wurde, die für Psygnosis die Colony Wars-Reihe entwickelt haben. Es ist also durchaus geballtes Wissen in Sachen Weltraumkampf beteiligt und man merkt auch durchaus, dass es die Entwickler nach wie vor drauf haben.
Obwohl es allerdings die Story hergibt, wie auch beide Teams durchaus Erfahrungen damit haben, entschied man sich bei StarLancer ausschließlich im Weltraum zu bleiben. Missionen die teilweise auf Monden stattfinden gibt es entsprechend nicht.
In Sachen Missionsvielfalt bleibt trotzdem kein Wunsch unerfüllt. Man findet alle Arten an Missionen, die man in so einem Spiel erwartet. Kämpfe gegen Jägergeschwader, Angriffe auf Großkampfschiffe, Verteidigungs- und Eskortmissionen und sogar eine Art Undercovermission ist dabei, wo man nicht entdeckt werden darf. Der Fokus liegt aber natürlich auf die pure Ballerei, wo man eine Jägerstaffel nach der anderen auslöscht.
Dabei bietet StarLancer in den Missionen sogar ein paar dynamische Ereignisse. Beispielsweise können bestimmte Feinde oder Schiffe in einer Mission entkommen und diese tauchen dann einfach zu einem späteren Zeitpunkt wieder in einer anderen Mission auf.

Verpackt wird die Kampagne darüber hinaus in einer Präsentation, die durchaus versucht das ganze immersiv wie möglich darzustellen. Auch wenn mir die Nuancen bei den Parteien fehlen, betreibt StarLancer durchaus viel Mühe in seinem World Building. Beispielsweise kann man während der Kampagne Orden verdienen, die man dann in einer Zeremonie in der Ich-Perspektive verliehen bekommt. Dazu gibt es zwischen den Missionen eine Nachrichtensendung, wo man auf den aktuellen Stand gehalten wird und in den Datenbanken gibt es Infos zu jedem Schiff sowie allerdings auch zu jedem Geschwader und sogar Piloten denen man im Laufe der Kampagne begegnet. Das schließt sogar total unbedeutende Flügelpiloten, die überhaupt keine Relevanz für das Spiel haben, total ein.
Was StarLancer für mich auch besonders gut macht, ist die Einbindung von Ass-Piloten, wo das Spiel ein bisschen die Aspekte aus dem ersten Weltkrieg wieder aufgreift. Wenn der Gegner durchaus unsicher wird, als er erfährt, dass man mit dem besten Piloten der Flotte zusammen fliegt oder wie man bei den eigenen Leuten den Respekt merkt, wenn man das Ass der Koalition auf der Gegenseite hat, dann hat das durchaus eine ganz eigene Atmosphäre.
Auch schafft es das Spiel durchaus das Gefühl zu vermitteln, dass man irgendwie doch mehr als nur namenlose Gegner erledigt. Fast jeder Gegner ist nämlich einem feindlichen Geschwader zugeordnet, dessen Anführer oder Anführerin man im Laufe der Kampagne immer begegnen wird. Da weiß man trotzdem, mit wem man es eigentlich zu tun bekommt und der Kampf gegen eben das feindliche Ass selbst fühlt sich immer wieder besonders an, auch wenn sich deren Ass-dasein tatsächlich im Gameplay nicht niederschlägt. Sie sind nicht schwieriger zu besiegen als alle anderen Feinde im Spiel.

Was dem Spiel bei all seiner Präsentation etwas abgeht ist die Tatsache, dass es doch etwas nervtötend ist. Fast jeder abgeschossene Gegner hat noch letzte Worte zum Spieler, zu fast jedem Abschuss meldet sich der Co-Pilot, um den Spieler mit Lob zu überhäufen. Etwas weniger wäre da aus meiner Sicht auch viel mehr gewesen.
Zusätzlich erlaubt StarLancer es auch theoretisch in die Rolle einer Frau zu schlüpfen, tatsächlich hat das aber nur Auswirkungen auf die eigene Stimme in den Kommunikationsnachrichten. Der Rest der Spielwelt geht davon aus, dass man als männlicher Pilot hinter dem Steuer sitzt. Hätte man sich also auch sparen können.

StarLancer ist für seine Synchronisation berühmt-berüchtigt. Für mehr Immersion hat man nämlich versucht entsprechend der Länder auch die Sprecher zu besetzen. Russen sprechen also Deutsch mit russischen Akzent, Japaner sprechen Deutsch mit japanischen Akzent und so weiter. Ehrlich gesagt fand ich die Idee dahinter schon spannend und habe mich an dieser Art der Synchronisation gar nicht gestört. Gerade im Aspekt, dass das englische Original dies ebenfalls vorlebt, ist es sogar gut, dass man dies auch in die Lokalisation übernommen hat. Ganz ehrlich, Russen oder Japaner die Englisch reden hören sich keinen deut besser an, als wenn diese Deutsch reden.

Ansonsten, grafisch ist es natürlich aus heutiger Sicht total veraltet, wobei zumindest das Innenleben des Trägerschiffes noch halbwegs gut aussieht. Da hat man nämlich mit Tricks gearbeitet. Sind heutzutage Raytracing und Echtzeitschatten eine Selbstverständlichkeit, hat man in StarLancer ähnliche Grafikeffekte einfach mit gerenderten Videosequenzen bewerkstelligt.
Leider merkt man bei StarLancer auch, das nicht alles wie ursprünglich geplant umgesetzt wurde. Eigentlich sollte man nämlich wie bei Wing Commander frei durch das Trägerschiff gehen können, um dann zwischen den Missionen mit den anderen Piloten sprechen zu können. Das dies fehlt hat beispielsweise den Nachteil, dass im letzten Drittel des Spiels ohne jeglichen Kommentar plötzlich andere Piloten in den Missionen die Befehle geben.

Eigentlich würde ich StarLancer durchaus gerne einen vierten Stern geben, schließlich ist es sogar eines der wenigen Spiele im Genre, welches es ermöglicht die ganze Kampagne im Koop-Multiplayer zu spielen. Aber ich muss auf 3 1/2 runter, weil das Spiel durchaus von Bugs geplagt ist. Das Spiel erhielt leider nie ein Update, was es durchaus benötigt hätte.
Beispielsweise funktioniert der "Sofortstart"-Missionssimulator nicht richtig. Eine Schiffs- und Waffenauswahl wie in der Dreamcast-Version fehlt nämlich und darüber hinaus ist diese Simulationsmission ohne technischer Hilfsmittel gar nicht erfolgreich abschließbar, weil feindliche Schiffe gegen Ende wegen Bugs unzerstörbar sind.
Darüber hinaus verfolgt das Spiel auch nicht, welcher von den normalen Flügelpiloten ums Leben kommt. Eigentlich bietet StarLancer durchaus einen riesigen Pool an Nicht-Story relevanten Flügelpiloten, durch Bugs kann es später dazu kommen, dass Piloten nicht nur von den Toten auferstehen, sondern gleich mehrmals im Flügel vorhanden sind.
Dazu gesellen sich auch noch vereinzelte Bugs in den Missionen, wo Skripte nicht richtig funktionieren. Teilweise sollten in den Missionen eigentlich Schiffe oder Gegner auftauchen, die wegen nicht funktionsfähiger Skripte doch nicht erscheinen. Darüber hinaus hat die deutsche Version leider das Problem, dass eine Mission eine falsche Einsatzbesprechung hat.

StarLancer steht als vollständiges Let's Play auf meinem YouTube-Kanal zur Verfügung.
Darüber hinaus habe ich auch die Demo mit zwei exklusiven Missionen gespielt.